Sotterranea – Neapels Unterwelt. Es gibt in Neapel drei verschiedene Eingänge in den Untergrund. Jeder Abschnitt hat seine eigenen Besonderheit. Wir waren mit dem Kulturverein LAES unterwegs. Der Begriff „Napoli Sotterranea“ bezieht sich auf ein dichtes und komplexes Netz von Tunneln und Höhlen im Untergrund Neapels. Der Untergrund spiegelt die Oberstadt wieder. Die unterirdische Stadt erstreckt sich unter der gesamten Altstadt. Sie ist mit Mythen und Legenden verbunden. Im Laufe der Jahrhunderte wurde der Untergrund auf unterschiedlichste Art und Weise genutzt und zwischendurch immer wieder vergessen. Geboren wurde der Ort durch die Extraktion von Tuffstein für den Bau der Stadt. Später wurden die gewonnenen Hohlräume über das Aquädukt Avellino mit Wasser befüllt. Als eine Cholera Epidemie ausbrach und Tausende tötete, wurde der Untergrund geschlossen und für lange Zeit vergessen.
Erst während des 2. Weltkrieges erinnerte man sich wieder und die ganze Stadt suchte Zuflucht im Untergrund. Als der Krieg vorbei war, wurde Napoli Sotterranea als Müllkippe verwendet und ist wieder einmal in Vergessenheit geraten. Den Abschnitt, den wir besuchten, wurde erst 1988 wieder entdeckt und musste erst mal vom Müll befreit werden um ihn überhaupt zugänglich zu machen. Seitdem kümmert sich der Kulturverein LAES, ohne staatliche Unterstützung, um den Erhalt dieses einzigartigen Tunnelsystems.
Über eine steinerne Wendeltreppe geht es 40 m in die Tiefe. Die Treppe wurde um einen Brunnen herum gebaut. Die altertümlichen Toiletten sind immer neben dem Ausgang zu finden. Das rührt aus der Zeit des 2. Weltkrieges. Nachdem die Menschen, panisch und voller Angst, vor den Bomben flohen und schließlich im Kellerlabyrinth ankamen, mussten sie nach dieser Erleichterung erst mal auf die Toilette.
Luca unser Guide hatte uns schon erwartet.
Luca liebt es Geschichten zu erzählen.
Wir sehen Felszeichnungen der damaligen Kriegsflüchtlinge an den Wänden. Es war mehr wie ein Verlies und Gefängnis. Es muss schrecklich gewesen sein, in der Dunkelheit zusammengedrängt, auszuharren. Auch ein paar wenige original Möbel aus der Zeit gibt es zu sehen. Zum Beispiel hatte sich eine sehr wohlhabende Familie ein kleines Apartment in einem Erker eingerichtet. In einem anderem Eck gab es ein durch Vorhänge abgetrenntes Ehebett für frisch Vermählte. Denn auch Hochzeiten wurden hier unten gefeiert.
Unser sympathischer Guide Luca erzählte uns, sowohl traurige als auch sehr lustige Geschichten, welche sich in den letzten 2400 Jahren dort unten zugetragen haben sollen. Ich möchte diese nicht vorweg nehmen und empfehle euch, selbst einmal dort hinzureisen, um diese einzigartige Tour hautnah zu erleben.
Die absolute Stille und Dunkelheit
Am Ende der Tour finden wir uns in einer großen, steinernen Höhle wieder. Das Licht wird abgeschaltet und wir können die absolute Stille und Dunkelheit kennenlernen. Die Möglichkeit so eine Erfahrung zu machen hat man in der heutigen Welt eigentlich kaum mehr, vorallem nicht in einer Großstadt. Verbringt man längere Zeit in der Dunkelheit und Stille, soll der Geist anfangen zu schweben, sagte man uns. Zu meditativen Zwecken buchen einige Menschen, die für kurze Zeit dem Chaos des Alltags entfliehen möchten, 30 Minuten alleine in der Stille und Dunkelheit. Wer diese Erfahrung länger als 2 bis 3 Minuten erleben möchte, sollte vorher beim Kulturverein anfragen und um einen Termin bitten.
Ein alter Kinderwagen und Spielzeug ist noch vorhanden. Ziemlich gruselig wie wir finden.
Hier gehts wieder hoch in die Stadt.
Wann und wo?
Treffpunkt ist die Bar Gambrinus, Piazza Trieste e Trento (Achtung, haben in der Bar Gambrinus 7 Euro für eine kleine Cola bezahlt). Die 2400-jährige Zeitreise beginnt dann in einer der Gassen des spanischen Viertels, in der Nähe der Piazza del Plebiscito und endet in der Straße Chiaia.
Termine
Donnerstags: 9 Uhr morgens (nur italienisch)
Samstags: 10 Uhr – 12 Uhr – 16:30 Uhr – 18:00 Uhr (englisch)
Sonntags und Feiertage: 10 Uhr – 11 Uhr – 12 Uhr – 16:30 Uhr – 18 Uhr (englisch)
Gruppen können jederzeit individuelle Termine von Montag bis Freitag buchen.
Dauer: ca. 1 Stunde.
Weitere Artikel zu unserem Aufenthalt in Neapel:
Bella Napoli – sehen und sterben
Das traditionsreiche Grand Hotel Vesuvio
Das finde ich interessant – von Neapel und seiner Unterwelt wusste ich noch nichts. Nur von der aktuellen politischen Misere rund um eine nicht genutzte teure U-Bahn hatte ich gehört.
Unterwelten in Italien gibt es auch in Perugia und Volterra – nichts für Menschen mit Platzangst oder Angst im Dunkeln. Aber hoch spannend!